Rudolf Bierman
16.6.1916 – 15.12.2014
- Geb. am 16. Juni 1916 in Gelderse Vuren.
- Gest. am 15. Dezember 2014.
Gedächtnisblatt als pdf-Datei
Rudolf „Velo“ Bierman wurde am 19.6.1916 geboren. Er hatte eine schwierige Kindheit: Seine Mutter war gelähmt und musste versorgt werden, sein Vater misshandelte und schlug ihn. Zudem war seine Familie die einzige evangelische Familie im Dorf. Das machte ihn als Kind zum Außenseiter. Er sagte später aber, dass diese schwierige Kindheit ihm den Willen gegeben habe, das NS-Lagersystem zu überstehen.
Zwischen 1934 und 1940 diente Bierman als Soldat im niederländischen Heer. Als die Deutschen dann die niederländischen Soldaten entließen, ging er zuerst in den Opbouwdienst, der von der deutschen Verwaltung aufgebaut wurde, und von dort in eine Widerstandsgruppe, die aus ehemaligen niederländischen Soldaten bestand.
Diese Männer hatten vor, gegen die Deutschen zu arbeiten und bereiteten sich darauf vor, die Regierung des Landes zu übernehmen, wenn die Besatzungszeit vorbei war. Leider hatten die Deutschen in diese Gruppe Spitzel eingeschleust, und deshalb wurden Bierman und viele andere Mitglieder am 7. März 1942 verhaftet.
Bierman wurde in das Oranjehotel in Scheveningen gebracht, das als Gefängnis diente. Dort wurde er gefoltert und unter Druck gesetzt, aber er verriet trotzdem nichts. In seiner Einzelzelle gab es einen Schnellkäfer, mit dem sich Bierman unterhielt, um nicht wahnsinnig zu werden. Als dieser Käfer es eines Tages schaffte, aus der Zelle zu entkommen, nahm Bierman das als Zeichen, dass auch er alles überstehen würde.
Im März 1943 stand Bierman mit vielen anderen Mitgliedern seiner Widerstandsgruppe vor Gericht. Fünf Personen wurden zum Tod verurteilt. Bei anderen, auch bei ihm, entschied das Gericht auf „Abtrennung“ des Verfahrens, was einer lebenslangen KZ-Haft gleichkam.
Zunächst verblieb er in Haaren im Polizei- und Untersuchungsgefängnis und wurde dann im Oktober 1943 über das KZ Amersfoort in das KZ Natzweiler transportiert. Der SS-Offizier, der den Transport entgegennahm, sagte „Dort werdet ihr das Lager verlassen“ und wies auf das Krematorium. Die Bedingungen in Natzweiler waren brutal, aber Bierman konnte als Elektroniker in der Munitionswerkstatt arbeiten, wo die Bedingungen etwas besser waren.
Ende September 1944, als sich die Alliierten Natzweiler näherten, wurde Bierman nach Dachau transportiert und kurz darauf wurde er weiter deportiert, diesmal nach Gröditz, einen Außenlager von Flossenbürg, wo er Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten musste. Hier musste er im April 1945 beim Aufräumen des Lagers helfen und viele Mitgefangene in Massengräben begraben.
Es gelang Bierman mit sieben Mitgefangenen, am 7. Mai 1945 aus dem Todesmarsch zu fliehen und bis zum 10. Mai unterzutauchen. Erst dann hatten die Sowjets die Umgebung besetzt. Deshalb erlebten die Gruppe ihre Befreiung erst zwei Tage nach Kriegsende. Bierman erinnert sich noch gut an das erste Treffen mit seinen Befreiern, da es das erste Mal war, „dass ich von einem Mann geküsst wurde“.
Nach dem Krieg kehrte Bierman in die Niederlande zurück und fing wieder an, als Elektriker zu arbeiten. Er heiratete, aber bekam keine Kinder. Die Beziehung zu seinem Vater blieb schwierig, aber trotz allem sorgte Bierman für seinen Vater, als er auf dem Sterbebett lag.
Für Bierman ist es immer wichtig gewesen, an den Krieg zu erinnern. Er dachte jeden Tag daran und erzählte immer wieder von seinen Erlebnissen. Er fand es ganz wichtig, jungen Leuten seine Geschichte zu erzählen.
Verfasser des Gedächtnisblatts
Wouter Tullenaar und Meander Fabels (Schüler), 2014.
Weitere Infos im Blog
18.12.2014: Velo Bierman ist gestorben
[Qu.: GB]