Martin Anson
16.7.1909 – 4.8.2003
- Geb. am 16. Juli 1909 in Leutershausen/Mittelfranken als Martin Ansbacher.
- Im Zuge der Reichspogromnacht am 11. November 1938 im KZ Dachau inhaftiert.
- 1939 nach Schottland emigriert.
- Textilfabrikant.
- Gest. am 4. August 2003 in Glasgow.
Gedächtnisblatt als pdf-Datei
Martin Anson (2 MB)
Martin Anson wurde am 16. Juli 1909 in Leutershausen (Mittelfranken) als Martin Ansbacher geboren. Nach Abschluss des Gymnasiums machte er eine Ausbildung zum Kaufmann. Im August 1932 zog seine Familie nach Landshut. Im Sommer 1932 eröffnete Martin zusammen mit seinem Großcousin Wilhelm Ansbacher in der Landshuter Altstadt das »Textilhaus M. & W. Ansbacher«. Martin und Wilhelm wurden Mitglieder im Achdorfer Fußballclub und spielten in einer Mannschaft. Auch das Geschäft lief sehr gut, bis 1935 oder 1936 die NSDAP dafür sorgte, dass der Mietvertrag gekündigt wurde. Obwohl die Chance für einen jüdischen Kaufmann, irgendwo Geschäftsräume zu mieten, bereits 1935/36 ziemlich gering war, suchten die Ansbachers nach geeigneten neuen Räumen. Am Isargestade 728 fanden sie, was sie suchten. Der Hausbesitzer unterschrieb den Mietvertrag trotz aller Drohungen der NSDAP.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 – der so genannten Reichspogromnacht – wurde auch die Familie Ansbacher nicht verschont. Nach der gewalttätigen Verwüstung der Wohnungen wurden die Familienmitglieder in das SA-Hauptquartier gebracht. Die Frauen wurden am nächsten Tag entlassen, die Männer, unter denen auch Martin, Wilhelm und ihre Väter waren, in das Landshuter Stadtgefängnis eingeliefert. Am 15. November erfolgte die Verlegung in das Konzentrationslager Dachau. Dort mussten sie das unmenschliche Lagerleben kennen lernen. Die Entlassung von Martins Vater und seinem Vetter Fritz kam sehr überraschend. Der Grund war wohl, dass ein NS-Treuhänder das Haus, in dem die beiden Familien wohnten, kaufen wollte. Man versprach Gustav Ansbacher, wenn er den Vertrag unterschriebe, würde der Käufer dafür sorgen, dass auch Martin und Wilhelm aus dem KZ entlassen würden. Durch diesen Tausch kamen sie im Januar 1939 frei.
Ende April / Anfang Mai 1939 wanderte Martin Ansbacher nach Schottland aus. Seine Eltern folgten ihm im Juni 1939. Er kam zunächst in einer Kleiderfabrik in Glasgow unter. Später machte er eine Ausbildung als Techniker und arbeitete in einer Reparaturwerkstatt für Motorräder der britischen Armee. Wegen seiner kaufmännischen Erfahrung wurde Martin Ansbacher sogar Leiter der Ersatzteilabteilung und arbeitete in der Produktionsleitung mit.
Nach Ende des Krieges begann er eine Tätigkeit als Vertreter für Küchengeräte, Kinderwagen, Damenblusen, Spielwaren und Damenstrümpfe. 1946 heiratete er die ehemalige Augsburgerin Beate Einstein. 1948 erwarben Martin und Beate Ansbacher die britische Staatsangehörigkeit und änderten gleichzeitig ihren Namen von Ansbacher auf Anson. Nach einiger Zeit beschlossen Martin und Beate (jetzt Pat), ein eigenes Geschäft für schottische Strickwaren unter dem Firmennamen MABAN zu eröffnen. Martin und Pat Anson haben zwei Söhne. Am 8. April 2003 ist Martin Anson gestorben.
Verfasserin des Gedächtnisblattes
Christine Schindlbeck (Schülerin), 2001.
Infos im Blog
22.5.2023: Ein Gedächtnisblatt vor über 20 Jahren – ein Besuch heute
Weitere Infos
Siehe auch: Namen statt Nummern. Ausstellungsbroschüre zur gleichnamigen Wanderausstellung. Infos und Bestellmöglichkeit.
Interviews mit Martin Anson siehe auch auf Gathering the Voices.
[Qu: SG Broschüre; FG1]