Gedenkstättenfahrt nach Triest und Umgebung
Die diesjährige Studien- und Gedenkstättenfahrt führte in die Grenzstadt Triest und ihre Umgebung. Riccardo Goruppi, Dachau-Überlebender, unterzeichnete nach einem Zeitzeugengespräch das ihm gewidmete Gedächtnisblatt.
Während einer Stadtführung wurde klar: Bedeutend war Triest vor allem als Hafenstadt der Habsburger Monarchie. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs kam die Stadt zu Italien, auch heute sind die großen Konflikte der Region in dieser Grenzstadt sehr deutlich spürbar.
Eine große jüdische Gemeinde bereicherte in früheren Jahrhunderten die Stadt. Die Exkursion führte in das Museo della Comunità ebraica di Trieste „Carlo e Vera Wagner“ und die Synagoge der Stadt, eine der größten Europas. Heute umfasst die jüdische Gemeinde nur noch etwa 500 Mitglieder, hat aber alles, so unser Guide, „was eine Gemeinde braucht“. Die der schlechten wirtschaftlichen Situation geschuldete Abwanderung jüngerer Gemeindemitglieder hält an.
Einen Einblick in den Alltag unter deutscher Besatzung gibt die Bunkeranlage „Kleine Berlin“.
Das Schloss Miramar, von den Habsburgern erbaut, liegt etwa 5 Kilometer entfernt von Triest. 1943 besetzten die Deutschen das Schloss, von 1945 bis 1954 diente es den Alliierten als Militärzentrale. Erst dann war der völkerrechtliche Status der Region einigermaßen geklärt.
Stätten des Terrors
Stätten des Terrors
Die deutschen Besatzer errichteten 1943 das Konzentrationslager Risiera di San Sabba. Der 92jährige Riccardo Goruppi, als Gefangener der Nationalsozialisten in Dachau, Natzweiler sowie verschiedenen Außenlagern inhaftiert, begleitete die Exkursionsteilnehmer während des gesamten Rundgangs. Anschließend stand Riccardo Goruppi für ein Zeitzeugengespräch zur Verfügung und unterzeichnete das ihm gewidmete Gedächtnisblatt. (Mehr zum Zeitzeugengespräch demnächst hier im Blog.)
Das nationale Monument „Foiba de Bassovizza“ erinnert schwerpunktmäßig an die Greueltaten der unmittelbaren Nachkriegszeit, an die Morde an und in den Höhlen des Triestiner Karsts.
Erster Weltkrieg: Militärgedenkstätte und Soldatenfriedhof Redipuglia
Zufällig während des Staatsakts zum Ende des Ersten Weltkriegs besichtigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion Redipuglia. Der Schriftsteller Günther Schatzdorfer schrieb über diese Feiern schon vor 15 Jahren: „Es ist eigentlich unverständlich, daß alljährlich in Redipuglia – vor der Kulisse des gigantomanischen mussolinischen Denkmals – Gedenkfeiern abgehalten werden. (…) Denn es wird (…) noch immer gelogen, daß da Menschen ihr Leben für wie auch immer geartete Ideale gelassen hätten.“
Trotz des Staatsakts war es möglich, das Museo della Grande Guerra und den Soldatenfriedhof der österreichisch-ungarischen Kriegstoten zu besichtigen. Dazu noch einmal Günther Schatzdorfer: „Die Front war nicht nur eine geographische Linie, sondern auch vor allem eine mentale. Italiener fochten für die Österreicher gegen Italiener: Österreicher auf seiten Italiens gegen Österreich. Slawen wurden von beiden Seiten als Konenfutter mißbraucht. Bauernsöhne aus Kalabrien metzelten Bauernsöhne aus Galizien nieder und umgekehrt.“
Dank an Veranstalter und Übersetzerinnen
Ein herzliches Dankeschön an die großartigen Übersetzerinnen Stefania Montrone, Stefania Gavazza und Maurizia Puglia.
Veranstaltet wurde die Studien- und Gedenkstättenfahrt von Dachauer Forum, Evangelischer Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte, Katholischer Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte und der KZ-Gedenkstätte Dachau.
Literaturhinweis: Einen beherzten Abriss zur Geschichte Triests gibt es im oben zitierten Buch „Triest: Portrait einer Stadt“ von Günther Schatzdorfer, erschienen in 2. Auflage 2008 bei Carinthia. Das Buch ist entweder antiquarisch oder zum Gegenwert eines großen Triestiner Biers als Kindle-E-Book erhältlich.
(19.11.2018; Text und Fotos: Irene Stuiber)