Holland: Ausstellung und Theater mit biographischem Blickwinkel
Jos Sinnema, ehrenamtlich für das Gedächtnisbuch in den Niederlanden aktiv, erzählt im Interview von der geplanten Ausstellung und den Plänen für eine Theateraufführung.
Jos, du hast ein neues Projekt mit nach Dachau gebracht. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Die genauen Einzelheiten kann ich noch nicht sagen – die Öffentlichkeitsarbeit beginnt erst nach den Ferien. Aber ich darf schon sagen, dass es in Holland eine Ausstellung geben wird:
Es wird eine Ausstellung über niederländische Häftlinge in Dachau geben, bei der die Biographiearbeit der Schüler im Rahmen des Gedächtnisbuchs ein wesentlicher Bestandteil sein wird. Ohne die Schüler würde es die Ausstellung nicht geben. Sie wird einen biographischen Blickwinkel haben, biographisch aufgebaut sein.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, eine Sammlung der Biographien über holländische Häftlinge, die bis jetzt für das Gedächtnisbuch geschrieben worden sind, mit einer Einführung über holländische Häftlinge in Dachau. Die Biographien stammen sowohl von holländischen als auch von deutschen Schülern und die Einführung schreibe ich zusammen mit Sabine Gerhardus.
Gibt es Veranstaltungen, die die Ausstellung begleiten?
Wir planen eine Aufführung in einem bekannten Theater in Amsterdam. Bei dieser Aufführung präsentieren die Schüler die von ihnen erarbeiteten Biographien auf der Bühne. Unter ihnen sind auch zwei deutsche Schülerinnen, die über einen Holländer geschrieben haben. Das wird am 4. Mai sein, an diesem Tag ist die nationale Totengedenkfeier überall im Land. In Amsterdam ist der König mit dabei, abends um 20 Uhr, auf dem Dam. Das Projekt heißt „Theater nach dem Dam“. Auf dem Dam ist die Nationalgedenkfeier. Und „Theater nach dem Dam“ sind die Aufführungen im ganzen Land, Theater, die etwas zu tun haben mit dem Zweiten Weltkrieg.
Was ist die Grundidee dieser Theateraufführung?
Der rote Faden ist die Musik. Die Schüler präsentieren ihre Biographien und eine bekannte professionelle Theaterregisseurin übernimmt die Regie. Der Grundgedanke ist, dass Musik, die im Leben von ehemaligen Häftlingen eine Rolle gespielt hat, die Verbindung sein wird, um die Biographien zu erzählen. Zum Beispiel hört man „Dona nobis pacem“, das heißt „Schenk uns Frieden“. Das ist ein Lied, das die Frauen, die 200 holländischen Frauen im Münchner Agfa-Kommando, sehr oft gesungen haben. Dieses Lied hat ihnen Kraft gegeben. Sie haben sehr viel gesungen, auch andere Lieder, aber das war ein wichtiges Lied. Dieses Lied hört man und es ist der Anhaltspunkt, um die Lebensgeschichte von Willemijn Petroff, einer Agfa-Frau, zu erzählen, sie zu präsentieren.
Oder man hört eine Trompete, und der Zuschauer erfährt, dass das die Trompete ist, die Jaap van Mesdag mitgenommen hat, als er in einem Kanu nach England fahren wollte, um sich dort den alliierten Streitkräften anzuschließen. Er kam mit seinem Freund in schlechtes Wetter und hat diese Trompete benutzt, um das SOS-Signal abzugeben. Deshalb wurden sie gerettet, das heißt, ein Schiff der Kriegsmarine holte sie aus dem Wasser – und dann sperrte man sie ins KZ. Die Trompete war das einzige, was er von zu Hause mitgenommen hat. Er war ein leidenschaftlicher Trompeter, er spielte Jazz und Swing. Und so gibt es eigentlich in jeder Biographie Anhaltspunkte für Musik und es finden sich auch manchmal bei den Jugendlichen Anhaltspunkte für Musik. Zum Beispiel haben zwei Schüler einen Rap über Dachau geschrieben.