Für Ideale einstehen und in der Freundschaft treu sein – Theateraufführung Amsterdam
Ein besonderes Programm an einem besonderen Tag, dem 4. Mai 2015: Am Vortag der Befreiung vom Faschismus vor 70 Jahren wird überall in den Niederlanden an die Opfer des Naziterrors erinnert. Mit meiner Frau besuche ich zuerst die Ausstellung „Geen Nummers maar Namen“ im Amsterdamer Widerstandsmuseum, dann die zentrale Gedenkfeier zum nationalen Totengedenken mit unglaublich vielen Menschen auf dem Dam und schließlich das „Theater na de Dam“: Schülerinnen und Schüler, die Häftlingsbiographien erstellt haben, treten gemeinsam mit Überlebenden auf, unterstützt von einem Moderator und zwei Musikern.
Wie heutzutage in fast jedem Theaterstück, ist auch ein kurzer Film Teil der Aufführung. Obwohl wir mangels Sprachkenntnissen leider nicht alles verstehen können, ist die ausverkaufte Vorstellung absolut beeindruckend. Aus der Rede der Ravensbrück- und Dachau-Überlebenden Willemijn Petroff-van Gurp:„Dies ist eine Lektion aus dem Lager, die ich gerne weitergeben möchte: Mach keinen Unterschied. Urteile nicht nach der Oberfläche und urteile nicht zu schnell. Es ist besser, Fragen zu stellen und zu versuchen, die andere Person zu verstehen. Im Widerstand und im Lager habe ich nicht nur gelernt, für Ideale einzustehen, sondern auch, wie wichtig es ist, in der Freundschaft treu zu sein. Für einander da zu sein.“ In bewegenden Worten schildert sie die Wärme und Fürsorge, die sie unter den Extrembedingungen des KZ von ihren Freundinnen erfuhr, ohne die sie wahrscheinlich nicht überlebt hätte. „Diese und andere Ereignisse haben mir gezeigt, dass alle Menschen gleich sind. Der wirkliche Wert liegt nicht im Rang oder Stand, sondern im Herzen. Auch das ist eine Lektion aus dem Lager, die ich gerne weitergeben möchte.“
Diese unglaubliche Kraft und Herzenswärme, die so oft bei der Vorstellung der Biographien für das Gedächtnisbuch und besonders bei Ansprachen der ehemaligen Häftlinge zu spüren ist, wirkt auf alle im Saal. Und so ist auch die Botschaft des Abschlussliedes sehr authentisch: „Du bist nicht allein“. Viel Schreckliches haben die jungen Biographen von den alten Häftlingen erfahren, doch niemand wurde alleingelassen. Danke an Sabine Gerhardus und Jos Sinnema für dieses wunderbare Projekt!
Text und Bild: Tom Nowotny